Igor Levit wird Artist in Residence in Düsseldorf

Igor Levit wird Artist in Residence in Düsseldorf

Letzter öffentlicher Livestream am 6. Mai 2021

Marita Ingenhoven
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Marita Ingenhoven

Pianist Igor Levit ist in der Saison 2021/2022 Artist in Residence in der Tonhalle Düsseldorf. In acht Konzerten verteilt über acht Monate beweist Levit seine enge Bindung an das Konzerthaus. Als Vorgeschmack präsentiert die Tonhalle am 6. Mai 2021 um 20 Uhr den Star-Pianisten in einem exklusiven Livestream-Konzert. Der Soloabend mit Werken von Brahms und Beethoven wird Levits letzter Stream im öffentlichen Raum sein und kostenlos auf www.tonhalle.de und dem YouTube-Kanal der Tonhalle übertragen. Das Konzert bleibt anschließend einen Monat lang abrufbar.

Bei einer digitalen Pressekonferenz am 4. Mai 2021 stellten Igor Levit, Intendant Michael Becker und Burkhard Glashoff, Geschäftsführer Konzert Theater Kontor Heinersdorff, die Motive und Pläne für die Residence vor, die die Tonhalle und KTK Heinersdorff gemeinsam präsentieren.

Igor Levit und die Tonhalle verbindet bereits eine jahrelange gemeinsame Geschichte, seit 2010 tritt der Pianist regelmäßig in dem Konzerthaus in Düsseldorf auf. Unvergessen bleibt u. a. Levits erster Beethoven-Zyklus überhaupt, als er in der Saison 2015/16 an acht Abenden sämtliche 32 Beethoven-Klaviersonaten in der Tonhalle spielte.

Für Igor Levit ist die Residence eine echte Herzensangelegenheit und »family affair«: »Mit wenigen Konzertsälen und Orten verbinde ich so viel Schönes wie mit der Tonhalle Düsseldorf. Hier durfte ich zum ersten Mal meinen Beethovenzyklus spielen, der extrem wichtig für mich war und enorm viel in meiner musikalischen Laufbahn ausgelöst hat. Hier verbindet mich eine enge Freundschaft zu Michael Becker und Burkhard Glashoff. Nun Artist in Residence in Düsseldorf zu werden, erfüllt mich mit allergrößter Freude, und ich kann es kaum erwarten, das Publikum in der Tonhalle wiederzusehen!«

Igor Levit war unter den ersten Künstlern, die auf die Coronakrise musikalisch reagiert haben. Bereits ab Mitte März 2020 streamte er regelmäßig live auf Twitter und Instagram über 50 »Hauskonzerte« aus seiner Berliner Wohnung. Levit umschreibt sich selbst als »Bürger, Europäer, Pianist« und ist für seinen Einsatz für Menschenrechte und Gerechtigkeit genauso bekannt wie für seine musikalische Meisterschaft. So widmete er seinen Beethoven-Zyklus 2015 in der Tonhalle den Menschen, »die unverschuldet ohne Hab und Gut gezwungen wurden, ihre Freiheit aufzugeben, ihr Leben aufzugeben, ihr Haus aufzugeben, ihre Heimat aufzugeben«. Levit appellierte an das Publikum, Neuankömmlinge und ihre ehrenamtlichen Helfer zu unterstützen und sich gegen »die gefährlichen, unmenschlichen, faschistoiden, radikalen Rattenfänger und deren Mitläufer« zu wehren. Als Levit den Opus Klassik als »Instrumentalist des Jahres 2019« gewann, widmete er seinen Preis den Opfern des Terroranschlags von Halle. In einem Interview mit der Wochenzeitung ›Die Zeit‹ gab er zu Protokoll, er wolle »nicht nur der Mann sein, der die Tasten drückt«. Durch sein politisches Engagement findet Levit Gehör weit über die Konzertbühnen hinaus.

Intendant Michael Becker kennt Igor Levit noch aus dessen Jugendzeit in Hannover und begleitet seinen künstlerischen Weg bereits seit vielen Jahren. »Igor Levit passt wie angegossen zur Tonhalle: Er ist ein Mensch, der auch jenseits seiner Kunst unablässig kommuniziert und so auch außerhalb der Musikwelt viel bewegt. Die Tonhalle ist ein kommunizierendes Konzerthaus, das sich nicht nur seinem Publikum, sondern der Gesellschaft eng verbunden fühlt. Sie verleiht einen Menschenrechtspreis, bietet eine Plattform für die Freie Szene, unterstützt gewaltfreie Erziehung und erreicht auch während des Lockdowns Hunderttausende mit gestreamten Live-Konzerten«, so Becker.

Auch Burkhard Glashoff unterstreicht Levits Ausnahmestellung: »Ich kenne wenige Künstler, die so neugierig und vielseitig interessiert sind wie Igor Levit. Daher freut es mich besonders, dass Igor im Rahmen seiner Residence in der Tonhalle ein breites Spektrum seines künstlerischen Wirkens präsentieren wird.«

1987 in Nizhni Nowgorod geboren, siedelte Igor Levit im Alter von acht Jahren mit seiner Familie nach Deutschland um. Sein Klavierstudium in Hannover absolvierte er mit der höchsten Punktzahl in der Geschichte des Instituts. Für sein politisches Engagement wurde Igor Levit 2019 der 5. Internationale Beethovenpreis verliehen. Im Januar 2020 folgte die Auszeichnung mit der »Statue B« des Internationalen Auschwitz Komitees anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz. Im Oktober 2020 verlieh ihm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Bundesverdienstkreuz.

Igor Levit ist »Artist of the Year 2020« der Gramophone Classical Music Awards, Musical America’s »Recording Artist of the Year 2020« und Preisträger des »2018 Gilmore Artist Award«. Im November 2020 erfolgte die Nominierung für einen Grammy in der Kategorie »Best Classical Instrumental Solo«. Die ›New York Times‹ beschrieb Igor Levit als einen der »bedeutendsten Künstler seiner Generation«, die ›Süddeutsche Zeitung‹ als »Glücksfall« für das heutige Konzertgeschehen. Seit 2019 ist er Professor für Klavier an seiner Alma Mater, der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.

Levit gastiert mit den weltweit führenden Orchestern, unter anderen mit den Berliner Philharmonikern, dem Cleveland Orchestra oder dem New York Philharmonic. Er spielte Europa-Tourneen mit den Wiener Philharmonikern, dem Tonhalleorchester Zürich und dem Pittsburgh Symphony Orchestra. Rezitals führen ihn regelmäßig zur Carnegie Hall, zum Concertgebouw Amsterdam und dem Wiener Musikverein. Levit macht immer wieder auch mit Musikprojekten abseits der klassischen Konzertbühnen von sich reden, zum Beispiel mit der aufsehenerregenden Inszenierung von Bachs Goldberg-Variationen gemeinsam mit der Performance-Künstlerin Marina Abramović 2015 in New York. 

Im Laufe von Levits Residence 2021/22 an der Tonhalle Düsseldorf darf sich das Publikum auf Symphoniekonzerte, Kammermusik und Soloabende mit ihm freuen, auf Kollaborationen mit den Düsseldorfer Symphonikern unter Adam Fischer, dem Orchestre de Paris unter Manfred Honeck und dem Mahler Chamber Orchestra unter Elim Chan, auf Werke von Beethoven, Brahms, Bartók, Reger, Gershwin, Schostakowitsch, Stevenson und Bolcom.

Den Auftakt zur Residence bildet bereits am Donnerstag ein besonderer Livestream aus der Tonhalle. Igor Levit spielt einen Soloabend mit Stücken, die er sehr mit dem vergangenen Jahr verbindet: »Brahms’ ›6 Choralvorspiele‹ und ›Vier ernste Gesänge‹, arrangiert von Max Reger, sind fast nie auf den Konzertbühnen zu hören. Ich habe sie während des Corona-Lockdowns in einem meiner ›Hauskonzerte‹ gespielt, und zu kaum einem Programm habe ich mehr positive Zuschriften erhalten. Es sind Selbst-Begegnungen und Stücke, die eigentlich keinen Applaus brauchen.« Außerdem wird Beethovens Klaviersonate Nr. 31 As-Dur zu hören sein. Levit kündigte während der heutigen Pressekonferenz an, dass der Livestream in der Tonhalle Düsseldorf sein letzter im öffentlichen Raum sein werde: »Streams brauche ich nicht mehr, ich bin ihrer müde. Sicherlich werde ich noch Konzerte aus dem privaten Rahmen meines Zuhauses live übertragen, aber nicht mehr von einer Konzertbühne. Dieses Solo-Programm in der Tonhalle bildet den perfekten Abschluss und es kommt von Herzen – ein anderes Programm hätte ich nicht mehr im Livestream gespielt.«