Ernst von Marschall schildert für uns die Orchesterfahrt vom 1. bis 8. Oktober 2023:
»Pünktlich und vorbildlich im Plan war das Jugendsinfonieorchester der Tonhalle (JSO) am Abend des 1. Oktobers am »Olymp«, seinem Probensaal, nach Italien aufgebrochen. Über Frankfurt, Nürnberg, München, Brenner kamen wir mittags in Rovigo an, wo wir im Konservatorium gleich gegenüber vom Dom unsere Instrumente lassen konnten. Eine Erleichterung, denn unser Hotel lag eine halbe Stunde Fußweg vom Konzertort entfernt. Gleich am ersten Abend fand die erste Probe mit unseren Partnern statt, dem separat angereisten Konzertchor Ratingen, dem Chor der Landesregierung NRW und unserem für diese Tournee neu dazu gekommenen italienischen Partner, dem Chor des Konservatoriums von Rovigo – alles zusammen über 120 Stimmen.
Wir mussten uns schon ein wenig zusammenfinden. Der neue Chor war sehr stimmstark und erforderte von uns völlig neue Balance-Bemühungen. Auch die Akustik mit ihrem langen Nachhall bereitete uns einige Schwierigkeiten, und wir wussten: Das wird hier alles andere als einfach werden. Die Probe ging dann auch fast bis 23 Uhr.
Am nächsten Vormittag war eine Probe für das Mahler-Adagio angesetzt. Hier zeigte sich, wie gut das JSO aufeinander abgestimmt ist, wie gut die »Antennen« zwischen den Orchestergruppen funktionieren. Das Orchester nutzte die kurze Probe vor allem, um sich auf die Akustik einzustellen. Das Konzert im vollbesetzten Dom von Rovigo am Abend war ein Ereignis, auch wenn wir noch nicht auf dem Höchststand unserer Leistungsfähigkeit musizierten – das Publikum dankte mit anhaltenden Standing Ovations. Unmittelbar nach dem Konzert fuhren wir weiter nach Padua, wo wir um halb 1 in der Nacht eincheckten.
Auch das Konzert in Padua war ein einmaliges Erlebnis. Die Kirche Santa Giustina ist gigantisch groß, die Anspielprobe geriet wegen der Akustik und einem Nachhall von über fünf Sekunden noch eher zum Fiasko. Dann kam aber das Publikum, und diese riesige Kirche war voll, geschätzt 700 bis 800 Hörerinnen und Hörer, was die Akustik zum Positiven drehte. Das Adagio aus Gustav Mahlers 10. Symphonie spielte das JSO mit großer Tiefe und ausgesprochen klangschön. Und auch »Ein deutsches Requiem« von Johannes Brahms gelang enorm verdichtet. Im Publikum saß übrigens ein alter Bekannter: Stefano Rabaglia, der Dirigent unserer Produktion »Madama Butterfly«, der extra aus Parma angereist war.
Mit dem Bus ging es dann weiter nach Venedig, wo wir am Samstag in der Kirche San Giorgio Maggiore zum vierten und letzten Mal dieses so besondere Programm spielen durften.
In der Lagunenstadt angekommen, wurde uns eines schnell klar: Unser ursprünglicher Plan, wie wir unser doch recht umfangreiches Orchestergepäck zur Kirche und wieder zurück bringen wollten – nämlich verteilt auf ganz normal über die Kanäle verkehrende öffentliche Vaporetti –, auf gar keinen Fall klappen würde! Und so liefen im Hintergrund umfangreiche Bemühungen für einen Alternativplan, während die Orchestermitglieder einen freien Tag in Venedig genossen. Fast alle nahmen an einer zweistündigen Stadtführung in drei Gruppen teil und nutzten die viel zu kurze Zeit für möglichst viele persönliche Entdeckungen. Derweil versuchte unser Reisebüro, einen Transport für uns und unser umfangreiches Orchesterequipment für den folgenden Konzerttag zu organisieren.
Das gelang: Eine Barke mit maximal drei Begleitern zum Festhalten wenigstens der Kontrabässe und der Harfe und ein Boot für die Orchestermitglieder legten fast zeitgleich ab, und wir erreichten die Kirche San Giorgio Maggiore, wo wir alles deponieren konnten.
Dann hatten noch einmal alle einige Stunden frei. Die Anspielprobe um 15 Uhr ließ aufatmen: Die Akustik wird uns helfen. Das Konzert um 16 Uhr war dann vielleicht sogar das gelungenste der ganzen Reise. Die Boote holten uns anschließend wieder ab und brachten uns nach Tronchetto, wo uns unsere Busse erwarteten.
In Mestre gab es noch ein sehr üppiges Abendessen, und ein wenig erschlagen und mit sehr vollen Bäuchen traten wir die 1.200 Kilometer Rückfahrt nach Düsseldorf an, wo wir am Sonntagmittag, genau eine Woche nach unserer Abreise, wieder im Olymp ankamen. Ciao, Italia!«
Fotos: Ernst von Marschall