Vokalensemble The Present

4 Konzerte. 4x Gegenwart.

Auch »Schönes Wochenende« wird die Welt nicht retten. Aber die vier Konzerte des Festivals am 10. und 11. Juni in der Tonhalle tun, was Musik eben tun kann: nah dran sein, berühren, Denkanstöße geben.

Am ersten Festivaltag gibt es einen Doppelpack, wie er unterschiedlicher nicht sein könnte. »How dare you!« heißt das erste Konzert, in dem sich der Chor des Städtischen Musikvereins und das notabu.ensemble erstmals zusammentun (Sa 10.06., 19 Uhr, Mendelssohn-Saal). Mit geballter Kraft und viel Poesie widmen sie sich in zwei Uraufführungen von Düsseldorfer Komponist:innen dem wohl größten Fragezeichen der Gegenwart: Wie können wir auf die Bedrohung durch den Klimawandel reagieren? Gibt es überhaupt Rettung? Wenn ja, woher kommt sie? Wovor und woraus genau benötigen wir eigentlich Rettung? Für Laura Marconi ist das Meer das (Über-)Lebenselixier, in dem all die Unheimlichkeiten, aber auch die Visionen zu finden sind. Und Christoph Ritter hat sein neues Stück in Anlehnung an Greta Thunbergs zornige Rede beim UN-Klimagipfel »how could we dare …« genannt: »Wie konnten wir es wagen?« Aber eben auch: »Wie könnten wir uns trauen?«

Greta Thunberg

Weltklasse-Posaunist Mike Svoboda und sein Quartett liefern danach einen Schelmenstreich, in dem es nicht ums große Ganze geht, aber immerhin um einen, der nicht weniger wollte, als die Welt zu erlösen: Richard Wagner. »Do you love Wagner?« (Sa 10.06., 21 Uhr, Rotunde) kratzt lustvoll, aber immer respektvoll am Mythos des selbsternannten Weltretters. Mit Funk, Rock, Jazz und jeder Menge Wagner. Parsifal trifft Velvet Underground.

Ähnlich weit auseinander liegen die musikalischen Sphären, wenn das phänomenale Berliner Vokalensemble The Present am So 11.06. um 18 Uhr im Mendelssohn-Saal eine sehr spezielle Marienvesper aufführt. »Ex Utero« ist inspiriert von der unglaublichen Geschichte der Komponistin Chiara Margarita Cozzolani, die geschützt durch dicke Klostermauern die große Pest überlebte, die um 1630 über Norditalien hereinbrach. Der männliche Klerus war großenteils tot, Cozzolani wurde zum Star der Mailänder Kirchenmusik. The Present hat Stücke von ihr mit Musik von drei Komponist:innen der Gegenwart zu einer feministischen Marienvesper verwoben. Eine Feier des Lebens und der Mutterschaft. Barock trifft den Sound der Gegenwart.

Mike Svoboda Quartet

Das Brooklyn Rider Quartet wurde vom amerikanischen Strings Magazine als »Zukunft der Kammermusik« ausgerufen, das National Public Radio bescheinigt ihm, »die 300 Jahre alte Gattung des Streichquartetts als ein lebendiges, schöpferisches Ensemble des 21. Jahrhunderts neu geschaffen« zu haben. Seinen Ruf hat sich das Quartett nicht nur durch die bloße Qualität seines Spiels, sondern auch durch die innovative Programmgestaltung erworben, die frei und quicklebendig jedes musikalische Schubladendenken ad absurdum führt und weit über den Tellerrand des rein Musikalischen hinausblickt. Zum Abschluss des Festivals (So 11.06., 20 Uhr, Mendelssohn-Saal) präsentieren sich die vier New Yorker als musikalische Klimaaktivisten: Ihr Programm »The Four Elements« verstehen sie angesichts der globalen Erwärmung und Zerstörung unseres Planeten als Weckruf. Die sechs Werke, von denen zwei extra für dieses Projekt komponiert wurden, stehen symbolisch für die Elemente Erde, Luft, Feuer und Wasser. Das, was uns bedroht. Das, um was es geht.

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Fotocredits
The Present: Theresa Pewal
Greta Thunberg: Anders Hellberg
Mike Svoboda Quartett: Michael Fritschi
Brooklyn Rider Quartet: Marco Giannavola