Laudatio von Adam Fischer

Laudatio von Adam Fischer

Verleihung des Menschenrechtspreises an George Soros

Marita Ingenhoven
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Marita Ingenhoven

Sehr geehrte Gäste, liebes Publikum!

In Mailand gibt es einen kleinen Palazzo, die Casa Verdi. Giuseppe Verdi gründete das Haus wenige Jahre vor seinem Tod – als Altersheim für Musiker, die mit ihrer Kunst nicht reich geworden sind. Es besteht bis heute. Wer hier aufgenommen wird, braucht sich keine Sorgen zu machen, denn Verdi hat dem Haus die Urheberrechte an allen seinen Opern vererbt.

Verdi hielt es für seine Pflicht, jenen zu helfen, die weniger Glück im Leben hatten als er selbst. Menschen, die vielleicht genauso gut waren wie er, aber einfach nicht so erfolgreich. Dieser Gedanke ist für mich zentral, ich würde ihn fast als meinen Leitstern bezeichnen. Ich selbst habe bislang so ein glückliches Leben gehabt. Und andere, die genauso gut waren wie ich, haben nicht so viel erreicht. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es meine Verantwortung und die Verantwortung von uns allen ist, den weniger Glücklichen zu helfen.

Genau das ist es, was meiner Meinung nach auch George Soros antreibt. Diese Überzeugung, dass Eigentum verpflichtet.
George Soros ist ein durchaus umstrittener Mann. Durch Börsengeschäfte ist er märchenhaft reich geworden. Es gibt nicht wenige Kritiker, die seine Rolle als Spekulant moralisch bedenklich finden. Jedoch tut er mit seinem Geld viel Gutes: Schon seit Jahrzehnten spendet er immer wieder große Teile seines Vermögens für wohltätige Zwecke.

George Soros und ich stammen beide aus Ungarn. Beide haben wir als junge Männer unser Heimatland verlassen, weil wir dort keine Perspektive für uns sahen. Wir waren genau das, was heute abwertend als „Wirtschaftsflüchtling“ bezeichnet wird. Als wäre es ein Verbrechen, einfach nur ein besseres Leben führen zu wollen. Soros und ich hatten Glück. Wir sind emigriert und wir haben die Chance genutzt, die sich uns geboten hat. Wenn auch auf unterschiedliche Weise: Ich habe sicherlich den schöneren Beruf als Soros. Dafür verdient er mehr Geld als ich.

Ganz im Sinne von Giuseppe Verdi setzt sich George Soros dafür ein, dass auch andere eine Chance haben. Dafür gibt er großzügig Milliardensummen. Aber Soros ist nicht wahllos wohltätig. Er verwendet sein Vermögen ganz gezielt dafür, die Menschenrechte zu schützen und demokratische Bewegungen zu fördern. Ihm geht es um Redefreiheit, um Pressefreiheit, um Bürgerrechte, um das Recht auf Bildung – in Europa, in den USA und in der ganzen Welt.

Meine Entscheidung, George Soros den Menschenrechtspreis der Tonhalle zu verleihen, hat zu einigen Diskussionen geführt. Ich möchte mit der Auswahl des Preisträgers ein deutliches politisches Zeichen setzen in einer Zeit, in der nationalistisch-populistische Tendenzen in vielen Ländern im Aufwind sind.

Soros wird heute von Regierenden mehrerer osteuropäischer Länder auf übelste Art und Weise mit antisemitischen Hetzkampagnen angegriffen. In seinem alten Heimatland Ungarn gilt Soros mittlerweile als Staatsfeind Nummer 1. Aber nicht nur dort. Alle Regierungen, die die Freiheit der Bürger einschränken wollen, haben naturgemäß ein Problem mit Soros. Für Nationalisten und Antisemiten auf der ganzen Welt gibt es kein besseres Feindbild als ihn.

Ich möchte George Soros als Kämpfer für eine offene, multikulturelle Gesellschaft ehren. Aus diesem Grunde verleihe ich ihm den Menschenrechtspreis der Tonhalle.

Dass wir die Auszeichnung nun schon zum dritten Mal vergeben dürfen, verdanken wir den Freunden und Förderern der Tonhalle. Insbesondere möchte ich mich persönlich bei Herrn Patrick Schwarz-Schütte und Herrn Gustav Meyer zu Schwabedissen als Stifter des Menschenrechtspreises bedanken. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert. Ich bedanke mich auch bei den Düsseldorfer Symphonikern, bei Intendant Michael Becker und dem Team der Tonhalle für die Unterstützung und den Zuspruch für dieses Projekt.

Nun möchte ich Leon Botstein zu mir auf die Bühne bitten, der den Preis heute stellvertretend für George Soros in Empfang nehmen wird.

(Leon Botstein betritt die Bühne)

Lieber Herr Botstein, ich danke Ihnen, dass Sie heute zu uns in die Tonhalle gekommen sind, um den Menschenrechtspreis für George Soros entgegenzunehmen. Wir hoffen, dass unsere Auszeichnung ein Zeichen setzt. Ich halte George Soros’ Einsatz für die Freiheit und die Menschenrechte für beispielhaft. Möge er sein Werk noch lange weiterführen, wir brauchen ihn!

(Die Rede wurde gehalten am 22. März 2018 im Rahmen des Menschenrechtskonzerts in der Tonhalle Düsseldorf.)