Zu erleben, dass etwas, das überwunden geglaubt wurde, am Ende wieder zurückkehrt, gehört in allen Lebensbereichen zu den schmerzlichsten Erfahrungen überhaupt. Max Escher hat sie in einigen seiner »unmöglichen« Grafiken, die die Logik unserer Wahrnehmung unterlaufen, spielerisch ins Bild gesetzt. Bitterer Ernst ist das Wiedererstarken rechter und rechtsextremer Gruppen in vielen Ländern. Der Österreicher Georg-Friedrich Haas hat dies um die Jahrtausendwende in seinem Land erlebt und daraufhin »in vain« geschrieben. In der fast schon zum Kultstück avancierten Komposition knüpft Haas an den Irrsinn von Eschers Formen an und erzählt davon, wie ein großes Hoffen am Ende enttäuscht wurde.
»Es ist wirklich unvergleichlich, eines der ersten echten Meisterwerke des 21. Jahrhunderts«, so sagte Simon Rattle über »in vain«, nachdem er es 2013 mit der Karajan Akademie aufgeführt hatte. Dass er mit dieser Einschätzung nicht alleine steht, belegt die Tatsache, dass »in vain« mittlerweile zu den wenigen wirklich viel gespielten Werken aktueller Musik gehört – und das, obwohl die Musiker fast durchweg mikrotonal und über viele Minuten in Finsternis spielen. Haas ist ein Stück gelungen, das einen, je länger es dauert, desto tiefer umfängt. Mit seinen irisierenden, scheinbar unendlich aufsteigenden Klängen liefert er die Hörer dem Irrsinn von Max Eschers optischen Täuschungen aus. Wie ein Musik gewordener Sisyphos mäandern sich die Linien aufwärts, um »oben« immer wieder am Ausgangspunkt anzukommen. Die Musik ringt mit sich, findet zu einer neuen, kosmischen Harmonie und landet schließlich doch wieder auf der Treppe, der nicht zu entrinnen ist. Alles war »in vain«, vergeblich.
Die Komposition für 24 Instrumentalisten spielen in der Tonhalle Mitglieder des SPECTRA Ensemble Gent und des notabu.ensemble neue musik unter der Leitung von Mark-Andreas Schlingensiepen.
Tickets: 25 Euro, Studierende 12 Euro, Schülerinnen und Schüler 7 Euro