Richard Wagner: Siegfried-Idyll

Richard Wagner: Siegfried-Idyll

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Marita Ingenhoven
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Marita Ingenhoven

Was für eine Liebeserklärung! Was für eine Liebesgeschichte! Und was für eine Verbindung von Liebe, Leben und Kunst!

Wir schreiben das Jahr 1870: Richard Wagner und seine frisch angetraute Ehefrau Cosima – die Tochter von Franz Liszt – kennen sich bereits seit 13 Jahren und haben drei gemeinsame Kinder, als endlich so etwas wie Ruhe in ihre turbulente Beziehung einkehrt. Cosima hatte sich erst zwei Jahre zuvor von ihrem ersten Ehemann Hans von Bülow getrennt und nach jahrelanger Dreiecksbeziehung endlich ganz für Wagner entschieden. Ein Jahr später kommt der lang ersehnte Stammhalter Siegfried zur Welt und im Sommer 1870 schließlich folgt die Krönung: Richard und Cosima heiraten. Zum ersten Mal genießt der mittlerweile 57-jährige Komponist Familienglück und die wohl schönste Zeit seines Lebens.

Künstlerischen Ausdruck finden seine Empfindungen in einem Unikum seines Werkkatalogs: dem „Siegfried-Idyll“, dem einzigen Werk Wagners in Kammerbesetzung. Es ist eine Liebeserklärung an Cosima und ein Geschenk zu ihrem 33. Geburtstag. Auf der Partitur notiert er: „Tribschener Idyll mit Fidi-Vogelgesang und Orange-Sonnenaufgang, als Symphonischer Geburtstagsgruß. Seiner Cosima dargebracht von Ihrem Richard.“ „Tribschen“ ist ihr Wohnort am Vierwaldstätter See, „Fidi-Vogelgesang“ wiederum spielt auf einen Vogel an, den Wagner am Morgen kurz vor der Geburt seines Sohnes Siegfried – genannt Fidi – zwitschern hörte. Und dass die Sonne zeitgleich die orangene Tapete im Zimmer in einen wahren Feuerzauber verwandelte, macht die Idylle perfekt.

Die Uraufführung findet in solistischer Besetzung an Cosimas Geburtstag in der heimischen Villa statt. Als sie morgens aus dem Schlafzimmer tritt, wird sie von Musikern des Orchesters der Tonhalle Zürich überrascht, die das Werk im Treppenhaus für sie spielen. Wagner hat sie extra für Cosima kommen lassen. Zärtlich, liebevoll und verklärt erklingen die Melodien. Hornrufe und Vogelstimmen imaginieren akustisch die Bergwelt der Schweizer Alpen. Die Grundstimmung ist ungebrochen lyrisch und spiegelt Wagners freudige Erregung sowie die erlösende Ruhe wider, die endlich in sein Leben gekehrt ist. Opernfreunde werden zudem mehrere Leitmotive aus „Siegfried“ erkennen. Das „Siegfried-Idyll“ gilt als Wagners persönlichstes Werk und sollte eigentlich nie veröffentlicht werden. Als es 1878 dann doch an den Schott-Verlag verkauft wurde, änderte sich der ursprüngliche Titel „Tribschener Idyll“ in den bis heute gebräuchlichen.

Foto: Liebigbilder 1913, Serie 883. Richard Wagner - 5 Die Insel der Seligen - Triebschen. Wagner dirigiert das Siegfried-Idyll an der Haustreppe 1870. Copyright: The Yorck Project - Liebig's Sammelbilder